Helene Delacher

geboren 25.8.1904 in Leisach
gestorben 12.11.1943 in Berlin-Plötzensee

Helene Delacher wuchs in Osttirol auf, bis 1930 arbeitete sie in der Landwirtschaft ihrer Eltern. Anschließend war sie bis 1934 als Küchenmädchen im Krankenhaus Hall tätig. 1936 lernte sie Alois Hochrainer kennen, mit dem sie ab Ende 1937 im gemeinsamen Haushalt in Innsbruck lebte, sie galten als Verlobte. Helene Delacher wandte sich den Zeugen Jehovas zu und trat 1938 aus der katholischen Kirche aus; getauft wurde sie im Jahr 1939. An Stelle einer Eheschließung gaben sich Delacher und Hochrainer ein Treueversprechen vor der Versammlung der Zeugen Jehovas. Helene Delacher war stark schwerhörig und wurde wohl deshalb mehrfach als geistig beschränkt beschrieben. An den geheimen Versammlungen der Zeugen Jehovas nahm sie aufgrund ihrer Schwerhörigkeit nur selten teil, trotzdem wurde sie gemeinsam mit Hochrainer und zehn weiteren Mitgliedern der Zeugen Jehovas aus Innsbruck am 13. Juni 1940 verhaftet und vom Sondergericht Innsbruck abgeurteilt: Die Glaubensgemeinschaft galt als «wehrfeindliche Verbindung». Delacher wurde am 28. August 1940 nach der Wehrkraftschutzverordnung zu acht Monaten Haft verurteilt, die sie wahrscheinlich zur Gänze verbüßte. Hochrainer, dessen Strafe auf zehn Monate bemessen worden war, musste 1942 in seine Südtiroler Heimat zurückkehren. Ein Treffen des Paares auf der St. Weinberalm in der Nähe der deutsch-italienischen Grenze wurde Delacher zum Verhängnis. Trotz der Warnung eines Glaubensgenossen ließ sie sich offenbar dazu überreden, sechs Nummern des verbotenen «Wachtturms» mitzunehmen, von denen eine aus einer von ihr selbst angefertigten handschriftlichen Abschrift bestand. Auf dem Weg zur Alm fiel sie durch ihr ängstliches Benehmen auf und wurde von der Grenzpolizei angehalten, ihr Gepäck untersucht und anschließend verhaftet. Sowohl bei Einvernahmen durch die Gestapo wie durch den Untersuchungsrichter als auch in der Hauptverhandlung vor dem Volksgerichtshof bekannte sich Delacher zu den Grundsätzen ihres Glaubens; auf die Frage des Gerichts, ob sie bereit sei, in einer Munitionsfabrik zu arbeiten, erklärte sie, das stünde in Widerspruch zu ihrem Glauben. Der Volksgerichtshof schloss daraus, dass Helene Delacher die Lehre der Bibelforscher durchaus verstanden habe und keineswegs eine Unzurechnungsfähigkeit vorliege. Dass sie den «Wachtturm» über die Grenze bringen wollte, wertete das Gericht als Kuriertätigkeit; erschwerend war die bereits erfolgte Vorstrafe. Der 6. Senat verhängte am 4. Oktober 1943 das Todesurteil wegen Wehrkraftzersetzung. Helene Delachers Abschiedsbrief an Hochrainer enthält den Satz: «Es hat halt so sein wollen, daß [es] so kommt. Ist halt doch besser dem Herrn treu bleiben.» Helene Delacher wurde am 12. November 1943 in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Sie wurde auf Initiative der österreichischen Zeugen Jehovas im November 1999 durch das Landesgericht Wien formell rehabilitiert.

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Helene Delacher

Jehovas Zeugen Österreich, Geschichtsarchiv, Personenunterlagen Delacher Helene.
Online-Datenbank. DeGruyter. Anklage 8J 131/43, Urteil 6L 154/43 -- 8J 131/43.
Tiroler Landesarchiv, Sondergericht Innsbruck, KLs 46/40.

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Abgerufen am: 28.03.2024